Das inklusive Klassenzimmer – von der Raumgestaltung zum pädagogischen Setting
Kollaboratives Arbeiten mit Roomsketcher
Seminar im 6. BA-Semester Lehramt Sonderpädagogik im Modul „Spezifische Lernsettings gestalten und evaluieren“
Learning Outcomes
Die Studierenden
– kennen die Bedeutung der Klassenraumgestaltung für ein effektives pädagogisches Setting im inklusiven Kontext
– können verschiedene Faktoren und Parameter einer barrierearmen und inklusiven Klassenraumgestaltung benennen und theoriegeleitet erläutern
– können für fiktive heterogene Schülergruppen mit Hilfe dieser Parameter Klassenräume konzipieren und (eigene sowie fremde) Entwürfe kritisch reflektieren
Die Studierenden werden primär für das Unterrichten an inklusiven Schulen (Primar- und/oder Sekundarstufe) oder verschiedenen Förderschulen qualifiziert. Insbesondere in der Primarstufe, wo die Lehrkraft (und die Klasse) überwiegend einem Klassenraum zugeordnet ist, gibt es viel Spielraum in der Ausgestaltung dieses Raumes (z.B. Sitzordnung, Funktionsecken, strukturierende Elemente wie Stundenplan, Tagesplan usw.). Aber auch auf der Ebene von Schul- und Unterrichtsentwicklung ist eine Sensibilisierung für die Gestaltung von Räumen sinnvoll (Anschaffung von Mobiliar, Differenzierungsräume, Pausenhofgestaltung usw). Nicht zuletzt können Sonderpädagog:innen auch jenseits von Schule eingesetzt werden, so dass sich Schnittstellen zu barrierefreier Architektur und Stadtplanung ergeben können.
Lehr- und Lernaktivitäten
Phase 1
Die Studierenden bekommen zunächst theoretischen Input zum pädagogischen Stellenwert der Raumgestaltung (Classroom-Management, Reggio-Pädagogik usw.). Dabei werden sowohl architektonische Aspekte als auch Prinzipien von Barrierefreiheit berücksichtigt. Methodisch wechseln sich hier klassische Vortragsphasen und asynchrone Formate mit Lese- und Rechercheaufträgen ab. Konkretisiert wird der theoretische Input durch konkrete Best-Practice-Beispiele aus der Praxis.
Phase 2
Die Studierenden erhalten ein Fallbeispiel eines beeinträchtigten Schülers aus dem Vielfaltstableau (einer Online-Fallsammlung der Universität Paderborn) und erarbeiten zunächst die Bedürfnisse dieses Schülers in Hinblick auf den Klassenraum.
In Kleingruppen sollen die Studierenden anschließend mit Hilfe des Online-Tools Roomsketcher einen optimalen Klassenraum für diesen Schüler und seine Klasse entwerfen. Bei Roomsketcher handelt es sich um ein in der Basisversion kostenfreies Online-Tools für die Einrichtung und Gestaltung von Innenräumen (ähnlich den Planertools bei Ikea). In der erweiterten Version (gratis Testversion möglich) ist außerdem „echtes“ kollaboratives Arbeiten möglich (von mehreren Rechnern in Echtzeit an einem Raum arbeiten) oder auch 3 D-Rundgänge durch die erstellten Räume. Die Basisversion ist in 2 D und kann gemeinsam über die Bildschirmteilen Funktion über Zoom bearbeitet werden. Außerdem stehen diverse „Fertigmöbel“ zur Verfügung. Bei der Raumgestaltung sollen sich die Studierenden einerseits an den in Phase 1 vorgestellten Theorien und Kriterien orientieren, andererseits an den individuellen Bedarfen aus dem Fallbeispiel. Die Planungsentscheidungen müssen begründet werden (entweder direkt in dem Entwurf oder in einer Extra-Datei).
Phase 3
Die fertigen Raumentwürfe der Gruppen werden (anonym) untereinander getauscht und die Studierenden geben einander Feedback mithilfe einer digitalen Checkliste.
Didaktische Hinweise
Die Arbeit mit dem Roomsketcher ist selbst nur eingeschränkt barrierefrei, weil sie sehr „visuell“ ist und den Umgang mit einem bestimmten Tools voraussetzt. Das wurde im Seminar durch die Form der Gruppenarbeit aufgefangen. Es genügt im Grunde, wenn eine Person aus der Gruppe das Tool installiert und (für alle) bedient. Den Gruppen steht es frei, Ihre Arbeit selbst zu organisieren und ggf. unterschiedliche Arbeitsaufträge bzw. Rollen zu verteilen. Zudem stand es den Studierenden auch frei im Sinne unterschiedlicher Zugänge nach eigenem Bedarf ein anderes Medium zu nutzen als den Roomseketcher (z.B. ein Playmobil-Modell in einem Schuhkarton o.ä.). Zum Umgang mit dem Roomseketcherwurde eine gemeinsame Einweisung und Support angeboten.
Die Gruppenarbeit bietet hier die Möglichkeit den Arbeitsaufwand zu reduzieren und unterschiedliche Perspektiven zu nutzen. Ich habe das Lehrprojekt auch schon mal innerhalb einer Professionellen Lerngemeinschaft dazu genutzt, verschiedene „Professionen an einen Tisch“ zu bringen. Es bietet sich hier nämlich tatsächlich die Chance höhere Niveaustufen von Kooperation bis hin zur Kollaboration zu realisieren, weil tatsächlich im eigentlichen Sinne miteinander an einer „Lösung“ gebaut werden kann. Viele Gruppen haben die kostenlose Testversion der erweiterten Version von Roomsketcher genutzt, um die kollaborative Funktion zu nutzen.
Prüfungsformen
Als Studienleistung (aktive Teilnahme) war die Teilnahme an den oben beschriebenen Phasen des Seminars definiert.
Als Prüfungsleistung diente eine mündliche Prüfung – alleine oder in der Gruppe – , in der der eigene Raumentwurf theorie- und kriteriengeleitet vorgestellt, begründet und reflektiert werden sollte. Dafür durfte der Raumentwurf, der im Seminar erstellt wurde, genutzt werden, allerdings sollte das Peer Feedback aus der 3. Phase einfließen und die Studierenden erhielte noch ein weiteres, neues Fallbeispiel eines Schülers, dessen Bedürfnisse sie in dem Raumkonzept mit berücksichtigen sollten.
Als Bewertungsgrundlage diente ein an den Learning Outcomes orientiertes und den Studierenden bekanntes Bewertungsraster.
Beispiele und Ergebnisse




Evaluation
Erfolge und Chancen | Stolpersteine und Baustellen |
– Hohe Motivation – Überdurchschnittliche Akzeptanz der Gruppenarbeit, freiwillig gewählte Kollaboration – Schulung der medialen Kompetenz – Hohe Handlungs- und Praxisorientierung – Gute Reflexionstiefe – Auch ohne gemeinsame Präsenz nutzbar | – Das Tool ist eigentlich kein „Bildungstool“, so dass manche (didaktischen) Anpassungen nötig sind. Außerdem ist eine kostenfreie Anmeldung und Installation nötig. – Kollaborativer Modus nicht ohne weiteres in der Basisversion enthalten – Enge Begleitung der Gruppen notwendig – Da der Raumentwurf auch für die Prüfung weiter genutzt werden durfte, gab es von mir als Lehrende kein ausführliches Feedback dazu, sondern nur das Peer Feedback. Es gab aber zum Zwischenstand oder zu bestimmten Umsetzungsfragen natürlich bei Bedarf indivduelle Rückmeldung |